Inhaltsverzeichnis8. Abschlußdiskussion

Nachdem in den vorigen Kapiteln die Computeranwendung vorgestellt wurde, welche Ziele man mit ihr für den Bereich Natur- und Umweltbildung verwirklichen kann, und wie eine Entwicklung einer Computeranwendung mit zahlreichen Details aussieht, komme ich in diesem Kapitel zu allgemeineren Fragen. Als erstes stellt sich jetzt die Frage, ob Computeranwendungen alle anderen Ausstellungsmedien ersetzen können. Ich verneine diese Frage. Computeranwendungen können zwar Ausstellungsmedien wie z.B. Video oder eine Ton-Diashow ersetzen, weil das Abspielen von Videos und die Wiedergabe von Bildern problemlos per Computer möglich ist. Andere Ausstellungsmedien wie Tastboxen sind wegen der Ansprechung des Tastsinnes nicht substituierbar. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, daß es sich bei der Computeranwendung um eine neues Medium handelt, welches die Bandbreite der Ausstellungsmedien erweitert , teilweise verschiedene Medien ersetzen kann, jedoch nicht alle.

Eine Ausstellung, die als einziges Ausstellungsmedium Computeranwendungen einsetzt, ist denkbar. Sie hätte allerdings den Nachteil, daß der Ausstellung der Reiz des Wechsels zwischen verschiedenen Ausstellungsmedien verloren gehen würde. Alle Personen, die nicht mit der Technik umgehen wollen bzw. können, werden ausgegrenzt.

Wenn Computeranwendungen nicht alle anderen Ausstellungsmedien ersetzen können, ist zu klären, wann Computeranwendungen eingesetzt werden sollen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit oder nur, wenn es sinnvoll ist? Computeranwendungen sollten dann eingesetzt werden, wenn sie sich als die beste Alternative erweisen oder die Ziele nur mit diesem Medium verwirklicht werden können. Dabei sollten sie ergänzend zu anderen Ausstellungsmedien eingesetzt werden.

"Multimedia-Applikationen ..., die Faktoren wie «intelligente» Interaktivitätsroutinen, Gruppenorientierung und Simulations- statt Präsentationscharakter verstärkt umsetzen, können ... ein Informationspotential entfalten, das andere Medien erfolgreich ergänzt." (Bode 1996, museum7.htm)

Um dieses Informationspotential entfalten zu können, darf keine einfache Über-tragung der Inhalte und Vermittlungswege anderer Ausstellungsmedien stattfinden. Die neuen Möglichkeiten der Interaktion, Simulation, das mögliche Eingehen auf den Besucher als Individuum und die Berücksichtigung unterschiedlicher Zielgruppen müssen genutzt werden. Dabei müssen die Möglichkeiten der Computeranwendung zum Nutzen der Besucher eingesetzt werden .

Wichtig ist es, Computeranwendungen nicht einzusetzen, weil dies einem Trend entspricht oder der Einsatz einer Computeranwendung mehr Besucher anlocken könnte. "Ein halbherziger Versuch, quasi kosmetisch an einigen Stellen Multimedia einzuführen, weil dies «in» zu sein scheint, wird sich als kontraproduktiv erweisen." (Bode 1996, museum7.htm) Und es ist "ein Trugschluß zu glauben, daß ein langweiliges Museum durch die Installation eines Monitors automatisch attraktiver wird." (Hubrath 1996). Bei den von mir besichtigten Museen ist mir keine Computeranwendung als "kosmetischer" Einsatz des Ausstellungsmediums in Erinnerung geblieben.

Eine Teilausstellung des Deutschen Museums in München zum Thema Umwelt wurde allerdings von Computeranwendungen dominiert, bei der mir eine gewisse Monotonie in Erinnerung geblieben ist. Dazu kam, daß die Computeranwendungen zusammengewürfelt wirkten. Im Gegensatz dazu fand ich die Auswahl der abwechslungsreich eingesetzten, verschiedenen Ausstellungsmedien im Aquarius Museum gelungen, auch wenn ein Großteil der Ausstellungsmedien Computer-anwendungen waren. Hier wurden die Anwendungsprogramme spannender und abwechslungsreicher gestaltet als im Deutschen Museum, wo nur Informationsprogramme eingesetzt wurden.

Im vierten Kapitel dieser Arbeit bin ich auf den Einsatz der Computeranwendung im Umwelt- und Naturbereich eingegangen. Dabei habe ich neben einigen Besonderheiten dieses Einsatzgebietes zwanzig Ziele aufgezählt. Die Frage, ob der Einsatz von Computeranwendungen im Bereich der Natur- und Umweltbildung sinnvoll ist, habe ich dort nicht beantwortet. Daher hole ich dies hier nach.

Die Vielfalt der von mir aufgeführten Ziele zeigt, daß das Ausstellungsmedium Computeranwendung im Umwelt- und Naturbereich zahlreiche Einsatzmöglichkeiten hat. Sicher rechtfertigen einige der aufgeführten Ziele nicht immer die aufwendige Entwicklung einer Computeranwendung oder es widersprechen interne Leitlinien, wie z.B. die der Energieeinsparung, dem Einsatz des Computers. Meiner Meinung nach sollte aber die Computeranwendung nicht der modernen Technik wegen abgelehnt, sondern als ein Ausstellungsmedium unter vielen betrachtet werden. Letztlich geht es darum, gesetzte Ziele zu erreichen. Wenn diese mit dem Ausstellungsmedium erreichbar sind, sollte man es einsetzen. Besonders jüngere Zielgruppen fühlen sich von dem Medium Computer angesprochen, das sollte von den Ausstellern genutzt werden. Vielleicht kommt auch die Umweltbildung von ihrem "technikfeindlichen" Image weg, wenn sie moderne Medien nicht ausgegrenzt, sondern nutzt, um ihre Ziele durchzusetzen. Und nachdem die digitale Technik der Natur und der Umwelt geschadet hat , sollte sie, um nicht nur eine negative Bilanz aufzuweisen, m.M.n. zur Unterstützung des Umwelt- und Naturschutzes eingesetzt werden.

Wenn eine Entscheidung für eine Computeranwendung gefallen ist, muß geklärt werden, wie die Mitarbeiter eines Museums bzw. Umweltzentrums vorgehen sollten, wenn sie eine Computeranwendung einsetzen wollen . Als erstes muß entschieden werden, ob man die Computeranwendung selber entwickeln will oder externe Hilfe beansprucht. Wie aus der Beschreibung der Entwicklung einer Computeranwendung hervorgeht, arbeiten für ein optimales Ergebnis einer Computeranwendung viele Spezialisten an dem Projekt mit. Für kleinere Häuser oder bei Geldmangel kann eine Computeranwendung selbst entwickelt werden . Die Aussteller lernen dabei viel über das Ausstellungsmedium, müssen sich aber neben der Beachtung inhaltlicher und didaktischer Gesichtspunkten auch in die digitale Technik einarbeiten. Bei der ersten Entwicklung einer Computeranwendung machen sie aus Unwissenheit, bzw. mangelnder Erfahrung, Fehler. Aber dies kommt auch bei anderen Ausstellungsmedien vor. Außerdem bietet die Computeranwendung die Möglichkeit, das Anwendungsprogramm bei festgestellten Fehlern zu überarbeiten, ohne daß neue Materialkosten auftreten. So kann die Anwendung nach und nach verbessert werden. Wenn ausreichend Geld vorhanden ist, sollte man die Entwicklung einer Computeranwendung wie oben beschrieben teilweise aus dem Haus geben. Nur wenn ausreichend Geld vorhanden, aber keine personellen Ressourcen intern zur Verfügung stehen, sollte man einen Auftrag komplett von der Planung, Umsetzung über die Evaluation bis zum Aufstellen außer Haus geben. Bei dieser Variante kann es passieren, daß die Anwendung von den Vorstellungen der Aussteller didaktisch, inhaltlich oder ästhetisch abweicht.

Wenn man sich dann im klaren ist, wie man bei der Entwicklung vorgehen will, bleiben offen, was bei der Planung einer Computeranwendung zu beachten ist.

Die Aussteller und die Produzenten sollten die Möglichkeiten und Grenzen dieses Mediums kennen, um "aus den vielfältigen Möglichkeiten dieses einzigartigen Mediums das Beste herauszuholen", dazu gehört es besonders, "Inhalte, Botschaften und Geschichten zu finden, die sich optimal mit interaktiven, medien-integrierenden Mitteln präsentieren lassen." (Steinhau 1995). Dabei sollten immer die Besucher als Zielgruppe im Auge behalten werden. Evaluationen sollten wiederholt eingesetzt werden, um inhaltliche und technische Mängel aufzudecken. Einige der von mir besichtigten Computeranwendungen wiesen kleinere und größere Mängel auf. Diese reichten von der fehlenden Sitzgelegenheit, bei der Vorführung von minutenlangen Videos, über Programmierfehler (beides im Aquarius Wassermuseum Mühlheim) bis hin zu schlechten Quizfragen (im Museum Mensch und Natur). Bei Kenntnis solcher Probleme können sie bei der Entwicklung leicht vermieden werden.

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© Marc Jelitto, 1997, Universität Lüneburg, Magisterarbeit: Umwelt- und naturbezogene Computeranwendungen für Besucher in Museen und Umweltzentren